Mit einem gesunden Gehirn leben dank Epigenetik

Die genetischen Anlagen bekommen wir von unseren Eltern mit. Je nachdem, ob ein Genabschnitt als Variante nur von einem Elternteil kommt (heterozygot) oder von beiden Elternteilen (homozygot), wirken sich Genvarianten, sog. Polymorphismen oder SNIPs (Single Nucleotid Polymorphism) unterschiedlich stark auf den Genträger aus. Homozygote sind gleiche Varianten von beiden Elternteilen und haben i.d.R. eine stärkere, meist ungünstige Auswirkung.

Aber selbst eine „schlechte“ genetische Ausstattung muss nicht zwingend schicksalhaft sein. Wie der genetische Bauplan umgesetzt wird, hängt wesentlich davon ab, wie die Bedingungen in der Umwelt, insbesondere der Ernährung, auf die Gene regulierend einwirken.

Kyra und Sascha Kauffmann, beides hoch qualifizierte Heilpraktiker, sind persönlich mit einigen ungünstigen Genkonstellationen versehen, was im Übrigen eher die Regel als die Ausnahme ist, wenn man solche Tests analysiert. Sie nähern sich in ihrem neuen Buch den Möglichkeiten, mit einfachen Mitteln der Ernährungsumstellung und Mikronährstoffen, regulierend einzugreifen. Die Gene selbst werden dabei nicht verändert, nur die Art und Weise, wie diese an- bzw. abgeschaltet werden.

Der Methylierungs-Stoffwechsel ist ein besonders fehleranfälliger Prozess. Es gibt nach Erfahrung von Medizinern niemanden, der darin nicht mindestens eine Genvariante hat, häufig sind es 3-5 oder mehr. Die Autoren stellen exemplarisch den Folatzyklus dar, umgangssprachlich geht es dabei um das Vitamin B 9, das viele Menschen nicht aktivieren, also bioverfügbar, machen können. Hauptaufgabe des Methylstoffwechsels ist es, Methylgruppen für enzymatische Prozesse zur Verfügung zu stellen bzw. aus Verbindungen wieder zu entfernen. Mit zunehmendem Alter wirken sich diese SNIPs immer stärker aus. Das betrifft die Nährstoffversorgung ebenso wie den Auf- und Abbau von Neurotransmittern, den Gehirnbotenstoffen.

Gehirngesundheit hat für die meisten Menschen höchste Relevanz, wenn es darum geht, lange zu leben. Wichtige Genvarianten im Gehirnstoffwechsel sind dabei die COMT, die MAO-A und BDNF.

COMT (Catechol-O-Methyltransferase) und MAO-A (Monoaminoxidase A) regulieren den Aufbau der Gehirnbotenstoffe Dopamin, Noradrenalin und Serotonin. Liegen Genvarianten vor, z.B. ein slow SNIP der COMT, dann bleiben Stresshormone länger wirksam. Eine schnelle COMT hingegen führt zu einem schnellen Abbau von Dopamin und kann Motivationsprobleme zur Folge haben. Für den Ausgleich solcher Varianten eignen sich Aminosäuren und Pflanzenstoffe, die den enzymatischen Prozess beschleunigen oder verlangsamen.

Serotonin ist als Glückshormon bekannt. Es bedarf einiger Cofaktoren für den richtigen Aufbau. Auch hier gibt es Genvarianten, die den Abbau schneller oder langsamer machen können. Eine Variante der MAO-A führt zu einem schnellen Abbau. Dann steht das zufrieden machende Serotonin im Gehirn weniger lange zur Verfügung. Das hat Auswirkungen auf Stimmung und Einschlafverhalten.

Für die Verschaltung von Gehirnzellen und damit für die kognitiven Möglichkeiten, ist das Protein BDNF (brain-derived neurotrophic factor) zuständig. Häufig verbreitet ist ein funktioneller Mangel durch eine Genvariante auf dem BDNF-Gen. Gedächtnisstörungen, fehlendes Abstraktionsvermögen und Angststörungen können die Folge sein. Fehlt dann mit zunehmendem Alter noch das Östrogen mit seinen positiven Auswirkungen vor allem auf den für Lernprozesse zuständigen Hippocampus, verschlechtert sich die Bereitstellung des BDNF weiter.

Zuletzt betrachten die Autoren das APOE-Gen, das in der Variante APOE4 das Risiko für Alzheimer um das bis zu 12-fache erhöht. Mit darauf angepasster Ernährung, Bewegung und Mikronährstoffen lässt sich das Risiko reduzieren.

Fazit:
Wie schon in ihren Bestellern „Der Histamin-Irrtum“ und „Natürlich high“ erläutern die Autoren vor allem die Möglichkeiten zur Selbstbehandlung, wie hier im Thema Epigenetik. Die Regulation der genannten Gene ist denkbar einfach, dafür kommen u.a. zahlreiche Mikronährstoffe zum Einsatz wie sie der Körper eigentlich selbst herstellen sollte bzw. sie über die Nahrung zugeführt werden sollten.

Wenngleich von den ca. 50 durch den Lebensstil beeinflussbaren Genen nur die fünf Wichtigsten ausführlich besprochen werden, so zeigt die Auswahl, wie relativ einfach es ist, sich in Richtung Gesundheit zu verändern. Für Einsteiger in die Epigenetik, die ein wenig über das Potenzial der Epigenetik erfahren wollen, lohnt sich die Lektüre des Buchs sehr.