Die Rolle epigenetischer Faktoren im Alterungsprozess

Der Mensch ist ein Lebewesen, dessen Gene zehntausende von Jahren alt sind. Traditionell spielen daher Pflanzenstoffe eine besondere Rolle in der Erhaltung der Gesundheit. Über die moderne, mechanistische Sichtweise auf den Körper als eine Art antike Maschine, die sich reparieren und mit Ersatzteilen versehen lässt, sind viele Erkenntnisse über Stoffe der Natur verloren gegangen. Neuerdings bestätigt die Epigenetik genau diese Heilkraft der Natur und verwendet sie in der Anti-Aging-Medizin. Es geht dabei nicht vorrangig darum, das Leben zu verlängern, sondern die Lebensqualität zu verbessern, der Begriff Better-Aging ist daher passender.

Dass Menschen sehr unterschiedlich altern, liegt an deren Genen bzw. in einer Lebensweise, die nicht zu ihren Genen bzw. Genvarianten passt. Mittlerweile ist die Epigenetik so weit, dass sich sehr gezielt Pflanzenstoffe individuell auf die Gene abstimmen lassen, um einen Alterungsprozess aufzuhalten bzw. umzukehren, der vor allem ein chronischer Entzündungsprozess ist.

Prof. DDr. Johannes Hubers neuestes Buch wurde nach seinen Bestsellern Der holistische Mensch und Die Anti-Aging-Revolution vielfach sehnsüchtig erwartet. Seine ungewöhnliche Vita nach Studium von Theologie und Medizin und einer Professur für Gynäkologie verheißt bereits eine ungewöhnliche Sicht auf bestimmte Themen. Er gilt als Verfechter bioidentischer Hormone, die Frauen nach den Wechseljahren eine neue Lebensqualität bringen.

In seinem aktuellen Bestseller beschreibt er die 4 Quellen von gesunder Langlebigkeit, von einem Altern ohne Qual. Aus seiner Sicht sind dies zunächst die Interozeption, also das achtsame Wahrnehmen der inneren Stimme in der täglichen Entscheidungsfindung, die Nutzung der Heilkräfte der Natur, die Rolle der Hormone und nicht zuletzt die Epigenetik, die die Beeinflussung der Gene durch unsere Lebensweise beschreibt. Gene müssen kein Schicksal sein, zumal nur ca. 5% der Krankheiten überhaupt nur genetisch bestimmt sind. Alle anderen Krankheiten entstehen durch Stoffe aus unserer Umwelt und der Ernährung, auch die zunehmende Zahl der eingenommenen Pharmaprodukte hat ihre Wirkung.

Alle genetischen Erbinformationen stehen jeder einzelnen Zelle zur Verfügung. Welche davon tatsächlich genutzt werden, um Proteine herzustellen, hängt davon ab, wie die als Strang aufgewickelte DNA ausgepackt wird. Die Epigenetik hat als zwei wesentliche Prozesse die Acetylierung und die Methylierung und deren auslösende Faktoren festgestellt. Methylierung dient im Wesentlichen dem Abschalten von weniger gesundheitsfördernden Genen. Leider ist die Methylierung durch Genvarianten (Single Nucleotid Polymorphismen = SNIPs) und mit zunehmendem Alter sehr fehleranfällig. Nach meiner Beobachtung der Genanalysen gibt es niemanden ohne solche Varianten, meist sind es alleine in der Methylierung 3-5. Wenngleich sich die Gene nicht verändern lassen, so lassen sich doch doch diese unerwünschten Mechanismen auch wieder abschalten.

Und hier kommt eine Vielzahl von Pflanzenstoffen zum Einsatz. Viele davon beschreibt Johannes Huber sehr ausführlich, oft mit Quellenangaben: Quercetin, Fisetin, Apigenin, Spermidin, Weidenrindenextrakt. Diese Stoffe werden von Pflanzen als Abwehrstoffe gegen Schädlinge und Insekten produziert. Wir Menschen nutzen diese, um kleine Stress-Signale zu erzeugen, über die physiologische Reaktionen erfolgen. Stress ist also durchaus ein gesunder Wirkmechanismus, den es nicht sofort mit Antioxidantien zu bekämpfen gilt. Nur zu viel Stress ist ungesund.

Hinzu kommen in der Better-Aging-Therapie die Mikronährstoffe, die auch aus der orthomolekularen Medizin bekannt sind und die eine „normale“ Ernährung früher enthielt: Omega 3, Magnesium, Selen, B-Vitamine usw.

Ein sehr wichtiger Teil des Buches ist, wie ich als persönlich langjährige Anwenderin finde, die ausführliche Beschreibung der Rolle der Hormone, die die Natur nicht nur für uns Frauen entwickelt hat. Vor allem aber die Östrogene kamen über eine Studie in Verruf, die sich später als unter falschen Bedingungen konzipiert erwies. Heute kennt man zumindest unter den weiblichen Gynäkologen den Nutzen der bioidentischen Hormone, also einer Form, die mit der des Körpers hergestellten identisch ist und daher als passender Schlüssel die richtige Wirkung am dazugehörigen Rezeptor erzielt. Von den Gynäkologinnen nutzen 95% bioidentische Hormone in der Selbstbehandlung. Was passiert, wenn die Hormone fehlen, ist vielen Frauen bekannt: Schlafstörungen, Osteoporose, schmerzende Gelenke, erhöhtes Risiko für Alzheimer-Erkrankungen, kognitiver Abbau. Dass die Pharmaindustrie großes Interesse an der Verhinderung bioidentischer Hormone hat, lässt sich denken, sind die Patientinnen mit den oben aufgeführten Beschwerden doch eine große und kaufkräftige Zielgruppe für ihre Produkte, die zwar keine Lösung des Problems, aber manchmal eine Linderung der Leiden bewirken.

Fazit: Dieses Buch ist für Männer und Frauen eine Fundgrube des Wissens und lässt sich lesen wie ein Roman, so spannend sind die eingestreuten Geschichten. An erster Stelle steht für mich die Epigenetik, weil sich daraus sehr gezielt individuelle Maßnahmen für das persönliche Better-Aging-Programm entwickeln lassen. Das halte ich für besonders wichtig, weil der Körper generell rund 200 Mikronährstoffe in kleinen Mengen benötigt, da macht es Sinn auf diejenigen besonders zu achten, die aufgrund von Genvarianten individuell den größten Engpass darstellen.